Die Beschaffung von Medizinbedarf für die Gesellschaft als Ganzes ist immer kritischer geworden – seien es chirurgische Instrumente, Mullbinden und Pflaster oder andere für Notfälle benötigte Produkte. Und mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 ist Menschen auf der ganzen Welt bewusst geworden, wie wichtig es ist, Desinfektionsmittel jederzeit verfügbar zu haben. IVF HARTMANN mit Hauptsitz in Neuhausen in der Nordschweiz ist ein Tochterunternehmen von Paul Hartmann Deutschland, einem führenden Hersteller und Anbieter von Medizin- und Pflegeprodukten.

Die Nachfrage- und Durchsatzmengen des führenden schweizerischen Herstellers von medizinischen Verbrauchsgütern liegen bereits seit einiger Zeit weit über dem, was seine Lager- und Intralogistikprozesse bewältigen konnten. Um die Effizienz der Anlage zu erhöhen, entschied sich die Geschäftsführung des Traditionsunternehmens für eine Lösung von Dematic, um den Lager- und Kommissionierprozess zu automatisieren. 

Auf einer Fläche von lediglich 400 Quadratmetern hat der globale Anbieter von Automatisierungstechnik eine hocheffiziente, platzsparende Lösung bestehend aus einem dreigassigen Hochgeschwindigkeits-Multishuttle-System sowie einem darunterliegenden Kommissionierbereich mit Put-to-Light-System implementiert. Außerdem hat Dematic im neuen Gebäude ein manuelles Hochregal- und Kommissionierlager eingerichtet. In Sachen Anlagenverwaltung vertraut IVF HARTMANN auf das Softwarepaket SAP Extended Warehouse Management (SAP EWM) mit dem Dematic SAP Materialflusssystem. 

Seit seiner Gründung im Jahr 1871 produziert und vertreibt IVF HARTMANN chirurgische Instrumente, Pflaster, Diagnoseausrüstung, Hygiene- und Desinfektionsprodukte sowie Pflegematerialien. Zu seinen Kunden zählen hauptsächlich Krankenhäuser und Apotheken. Lange Zeit erfolgten die Lagerung der zahlreichen Artikel und Produktgruppen sowie ihre Kommissionierung allein durch manuelle Prozesse. Aufgrund der in den letzten Jahren rasant gestiegenen Nachfrage und der deshalb erforderlichen schnelleren Auftragsabwicklung stießen die Mitarbeiter im Lager und in der Versandvorbereitung allmählich an ihre Grenzen. 

Um die Kapazität zu erhöhen und Kunden schneller beliefern zu können, entschied das Managementteam, seine Intralogistikprozesse an seinem Standort in Neuhausen am Rheinfall zu automatisieren.

„Die größte Herausforderung war dabei das Dilemma, dass eine Hochleistungslösung für eine äußerst begrenzte Fläche gefunden werden musste“, erklärte Thomas Mayer, Head of Logistics bei IVF HARTMANN. Aufgrund seiner unmittelbaren Nähe zum größten Wasserfall Europas, dem Rheinfall, kam eine Vergrößerung des Standorts für den Gesundheitsspezialisten nicht infrage.

Bei dem in Atlanta ansässigen Intralogistik-Spezialisten Dematic fand IVF HARTMANN die gesuchte Lösung. Über seine deutsche Niederlassung in Heusenstamm unweit von Frankfurt am Main überzeugte der Anbieter intelligenter Automatisierungslösungen das Unternehmen mit einem innovativen und effizienten System: einem zweigeschossigen Multishuttle-System mit Tablaren. Anstatt die Kommissionierung in einer eingeschossigen Halle neben dem Tablarlager unterzubringen, errichtete Dematic ein System mit zwei Geschossen auf einer Fläche von lediglich 400 Quadratmetern. Der neue Kommissionierbereich wurde im Erdgeschoss installiert, das Multishuttle-Lager im Obergeschoss. Durch die direkte Verbindung zwischen den Geschossen über die Lifte waren lediglich 290 Meter Fördertechnik erforderlich.

Dematic hat im Obergeschoss ein dreigassiges Multishuttle-Tablarlager mit ca. 10.000 Behälterstellplätzen auf 20 Ebenen eingerichtet. Die bisherige manuelle Ein- und Auslagerung der auf den Tablaren befindlichen Ware wird nun von 60 Multishuttles übernommen. Über drei Heber-Paare werden die Behälter dann auf zwei parallelen Pufferbahnen mit einer Geschwindigkeit von bis zu vier Metern pro Sekunde automatisch vom Lager in den Kommissionierbereich transportiert.

„Indem Lager- und Kommissionierbereich direkt übereinander liegen, können wir durch kürzere innerbetriebliche Transportwege und die Optimierung unserer Logistikprozesse Zeit sparen. Außerdem können wir den vorhandenen Platz jetzt optimal ausnutzen, was ein echter Vorteil ist“, so Mayer.

Sobald sie im Erdgeschoss angekommen sind, werden die Waren an eine von drei Pickstationen verteilt. Ein Put-to-Light-System zeigt den Kommissionierern den Behälter an, in den der betreffende Artikel platziert werden soll. „Dadurch sinkt die Fehleranfälligkeit bei der Auftragszusammenstellung um ein Vielfaches“, freut sich Mayer. An jeder Arbeitsstation können bis zu acht Aufträge gleichzeitig bearbeitet werden. Das hochleistungsfähige Multishuttle-System kann Quelltablare an den Pickstationen in einer bestimmten Reihenfolge anliefern. Außerdem wurde auch die Mitarbeiterergonomie während der Auftragszusammenstellung berücksichtigt. Leerbehälter werden auf Staubahnen neben der Pickstation in einer an den Kommissionierer angepassten Höhe platziert, sodass er die zu kommissionierenden medizinischen Güter ablegen kann, ohne sich bücken zu müssen.

Die konsolidierte Bereitstellung der gepufferten Mischkartons mit den Originalkartons für den Versand erlaubt einen erheblich effizienteren Kommissionierprozess. Wenn ein Auftragsbehälter voll oder der Auftrag vollständig ist, wird er automatisch an die Packstationen weitertransportiert. Sobald die Waren verpackt und bereitgestellt wurden, werden die leeren Kommissionierbehälter auf einem Rückführband zurücktransportiert. Der Prozess umfasst Kommissionierung, Verpackung und Warenbereitstellung, wobei er durch innovative Technologien wie Put-to-Light oder Proglove© Handschuhe mit integrierten Scannern optimiert werden kann.

Im Zuge der Automatisierung und Modernisierung der schweizerischen Anlage hat Dematic auch den Ablauf der Lagerprozesse von IVF HARTMANN digitalisiert. Der globale Automatisierungsspezialist hat die bisherige Lagerverwaltungslösung von SAP durch das neueste SAP EWM-System in Verbindung dem eigenen SAP Materialflusssystem von Dematic ersetzt, um die bestmögliche Nutzung der vorhandenen Ressourcen zu gewährleisten und einen Plan für jeden Prozess zu erstellen – vom Wareneingang bis zum Warenausgang. Für HARTMANN war wichtig, dass die von Dematic entworfenen Prozesse als Vorlage für zukünftige Roll-Outs implementiert und verwendet werden konnten. Jetzt werden relevante Daten in Echtzeit gesammelt und an das EWM übermittelt, um im neuen Logistikzentrum einen reibungslosen Warenfluss sicherzustellen.

Durch die Nutzung bewährter Standards ist die Steuerungsebene (SPS) direkt an das SAP EWM-System angebunden. Durch den Verzicht auf projektspezifische Implementierungen wurden kürzere Implementierungszeiten und ein störungsarmer Betrieb erreicht. Meyer fasst zusammen: „Die Zusammenarbeit mit Dematic basierte von Anfang an auf Vertrauen. Ihre Lösungen und ihre Prozessunterstützung haben unsere Erwartungen vollkommen erfüllt. Dank unseres neuen Logistikzentrums sind wir nun deutlich besser in der Lage, den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden.“